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Abschied von 'Bluesoma' Gerda Hüttel

"Bluesoma", unser langjähriges Mitglied Gerda Hüttel, ist am 29. Juni

2013 verstorben.

Als Teilnehmerin eines interkulturellen Musikwochenendes in Klingberg

lernte sie einst Bluesleute aus Norddeutschland, insbesondere aus

Hamburg kennen, was ihr mehrere Auftritte mit Bluesgrößen aus

Hamburg einbrachte, unter anderem auch in der "Fabrik".

Bereits in den 1960er Jahren stand sie als Teil der

Unterhaltungsmusikkapelle "The Muchos" auf vielen Bühnen, vor allem

in Mittelniedersachsen. Sie spielte seitdem Kontrabass. Ihr Ehemann

Hans-Günter Hüttel (1994 verstorben) war Bandleader und Frontmann

der "Muchos". Vor ihrer Auflösung war die Musikkapelle Hausband der

Stadthalle Hannover, aber da war Gerda Hüttel, die bereits mitte der

60er Jahre aus gesundheitlichen, familiären und beruflichen Gründen

ausgestiegen. Erst durch die Teilnahme an Musikworkshops in

Klingberg (Ostholstein) gelangte sie wieder auf die Bühne, und

diesmal eben mit bekannten Leuten aus der Sparte Blues. Sie übte

fleißig, schuf sich ganze CD-Boxen mit alten und neuzeitlichen

Bluesaufnahmen an und legte sich obendrein eine Sammlung von

Bluesharps hinzu. Sie war mit zwei Mitgliedern der kurzzeitig

existenten Band "Heart 'n' Blues" eng befreundet und schätzte

Bluesbrüder, wie beispielsweise Abi Wallenstein, sehr.

Als Mitglied von Balticult e. V. hat sie an vielen Wochenendseminaren,

auch politischen, teilgenommen. Aus den Jamsessions der

Veranstaltungsreihe "OktoberSound" war sie nicht wegzudenken.

Darüber hinaus engagierte sie sich auch im Bereich Reenactment,

kleidete sich in selbstgeschneiderte normannische Gewandung des

frühen Mittelalters und betrieb Ahnenforschung. An Orten wie

Neustadt-Glewe, Oldenburg oder Lütjenburg konnte man Gerda Hüttel

zuweilen über das Gelände, den Mittelaltermarkt oder durch

Wikingerlager huschen sehen.

Sie unterstützte materiell etliche Balticult-Veranstaltungen mit Geld

und Bereitstellung von Auto oder Wohnungsunterkunft für

Mitwirkende, wie zum Beispiel anlässlich des Aufenthalts von Liu Fang

(VR China und Kanada) und ihrem Mann.

Wer 2000 mit an Bord der MS Stubnitz war, um bei der zweitägigen

Kunstveranstaltung "Von Hafen zu Hafen" mitzuwirken, kann sich

wohlmöglich daran erinnern, dass sie sich mit voller Hingabe an

einem Auftritt mit einem jungen Mann beteiligte, bei dem sie zu drei

über einen Oszillographen geschalteten schweren Bohrern Bass

spielend improvisierte.

Als 'Bombenkind' aus Hamburg, sie hatte beide sogenannten

"Feuerstürme" durchlebt, verschlug es die Barmbekerin als Evakuierte

nach Mittelniedersachsen. In Südwinsen an der Aller lernte sie ihren

späteren Mann kennen, der einen Tag vor Gründung der DDR in den

Westen geflohnen war. Ein Sachse aus Chemnitz und eine 'Barmbeker

Britin' aus Hamburg heirateten, Gerda gebahr einen Sohn. Zu dritt

zogen die Hüttels nach Ehlershausen (bei Burgdorf) um, wo sie in

einer Konsum-Filiale arbeiteten. Durch privates Musizieren im

Vorgarten an der Dorfstraße fielen sie dörflichen Mitbürgern auf, und

so begann der Weg zu einer landesweit anerkannten Kapelle, die

unter dem Namen "The Muchos" ihre Kreise zog.

Gerda Hüttel war mit und für Balticult 1996 erstmals in Nordlettland,

wo sie unter anderem auf den Liedermacher Valdis Atals traf. Beide

verstanden sich - trotz der Sprachbarriere - auf Anhieb. Später reiste

Gerda Hüttel auch allein nach Nordlettland, um dort Zeit zu

verbringen oder Balticult-Kontakte zu pflegen. 

An all diesen Aktivitäten konnte Gerda Hüttel infolge mehrerer

Autounfälle und der im Winter 2010/2011 erfolgten Erkrankung an

"schleichender Demenz" nicht mehr teilnehmen.

Natürlich hatte Gerda Hüttel so ihre Macken und Schwächen, aber im

gemeinschaftlichen Bewusstsein von Balticult-Mitgliedern und -

Freunden wird sie als eine den Menschen und den Musen (Musik,

Malerei, Fotografie, Dichtung und autobiografische

Schriftstellerei) zugewandte Zeitgenossin in Erinnerung bleiben, stets

zu einem Scherz oder Schabernack bereit. Bei ihr war der Begriff

Solidarität kein hohler, sondern ein gelebter.

Lutz Hüttel (Vorsitzender)

PS: Wer Gerda Hüttel in praktischer Hinsicht gedenken möchte, möge

- unter dem Verwendungshinweis: Spende zur freien Verwendung -

auf das Konto der Kultur- und Bildungsgesellschaft BALTICULT einen

Betrag überweisen: 

Balticult  e. V.

Deutsche Bank AG Rostock

Kontonummer 1 650 878

Bankleitzahl 130 700 24

 
 
 
 

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